Wohnen ist Menschenrecht

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Eine Wohnung ist mehr als ein Dach über dem Kopf.

Wohnen ist für jeden Menschen ein existenzielles Bedürfnis. Eine Wohnung, in der man sich zuhause fühlt, ist Grundvoraussetzung für das psychische Wohl und die Teilhabe an der Gesellschaft.

Situation auf dem Wohnungsmarkt

Das Menschenrecht auf Wohnen ist wegen der „angespannten“ Lage auf dem Wohnungsmarkt nicht gewährleistet. Ca. eine halbe Million Menschen sind offiziell wohnungslos. Es ist ein Skandal, dass im reichen Deutschland Menschen auf der Straße leben oder sich von Sofa zu Sofa ihrer Bekannten hangeln müssen. 15 Millionen grundsätzlich anspruchsberechtigten Mieterhaushalten stehen bundesweit weniger als 1,1 Millionen Sozialwohnungen gegenüber.Zum Mindestbestand von zwei Millionen fehlen rund 900.000 Sozialwohnungen. Weitere 75.000 Bestandswohnungen müssten Belegbindungen erhalten und jährlich müssten 100.000 Sozialwohnungen gebaut werden, zumal immer mehr Wohnungen aus der Sozialbindung fallen.

Entgegen ihrem eigentlichen sozialen Zweck sind Wohnungen zum Objekt von gewinnorientieren Finanzinvestoren am Aktienmarkt geworden, z.B. Vonovia. Hinzu kommt die eklatante Bodenspekulation. Mögliche Instrumente wie Mietpreisbegrenzungen undMietenstopp werden seitens des Staates nicht ausgeschöpft. Insbesondere das im aktuellen Koalitionsvertrag vereinbarte Konzept einer „Neuen Gemeinnützigkeit“ mit einer dauerhaften Sozialbindung wird nicht umgesetzt.

Die Misere beim „bezahlbaren Wohnraum“ verschlimmert sich seit Jahrzehnten immer weiter. Allein zwischen 2002 und 2021 halbierte sich die Anzahl der Sozialwohnungen. Die aktuelle Regierung erreicht ihr Versprechen, pro Jahr 400.000 Wohnungen, darunter 100.000 Sozialwohnungen, zu bauen, bei weitem nicht. Im letzten Jahrzehnt wurden durchschnittlich nur 22.000 Sozialwohnungen gebaut.

Menschen mit niedrigem Einkommen sind besonders hart betroffen

Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung von 2021 haben fast 13 Prozent der Mieterhaushalte nach Abzug der Miete weniger als das Existenzminimum zur Verfügung. Neben der Explosion der Mietpreise sorgen auch die Energiepreise in Millionen Haushalten für existenzielle Not. Diese wird sich mit dem Wegfall der „Energiepreisbremse“ verschärfen.

Der Konkurrenzkampf um günstigen Wohnraum ist hart. Besonders benachteiligt sind neben Personen mit speziellen Problemen Menschen, die auf Grundsicherungsleistungen von Jobcentern und Sozialämtern angewiesen sind, da hier wieder Obergrenzen für eine „angemessene Miete“ gelten. Wenn die Miete zu hoch ist, werden Betroffene aufgefordert, die Wohnkosten zu senken, was angesichts der Lage auf dem Wohnungsmarkt nahezu unmöglich ist. Nach erfolgten Kürzungen muss ein Teil der betroffenen Leistungsberechtigten die Miete aus den Regelsätzen zum Lebensunterhalt finanzieren. Einer kleinen Anfrage der Linksfraktion zufolge bestand 2022 bei über 300.000 Haushalten eine Lücke von durchschnittlich 94 Euro zwischen den tatsächlichen und den anerkannten Wohnkosten. Solange es nicht genügend guten und preiswerten Wohnraum gibt, fordern wir die volle Übernahme der tatsächlichen Wohnkosten als Prinzip des Verwaltungshandelns. Der Regelfall muss sein, dass niemand gezwungen ist umzuziehen, nur weil die Person auf Leistungen angewiesen ist. Das Gleiche gilt für die Übernahme der Haushaltsenergiekosten.

Was wir wollen

Die Obergrenzen für die Angemessenheit müssen regelmäßig und realitätsgerecht angepasst werden. Mieten des sozialen Wohnungsbaus müssen immer unterhalb der Angemessenheitsgrenzen liegen.

Die Grenzen zwischen Bürgergeld-Leistungsberechtigten bzw. Aufstocker*innen und Gering-verdiener*innen, die nicht aufstocken, sind eng und fließend. Das Wohngeld muss genauso regelmäßig und realitätsgerecht angepasst werden bis endlich ausreichend sozialer und preisgünstiger Wohnraum geschaffen ist. Dies muss absolute Priorität haben.

Die katastrophale Situation auf dem Wohnungsmarkt für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen erfordert endlich die Umsetzung des versprochenen Programmes „Neue Wohngemeinnützigkeit“ mit einer dauerhaften Sozialbindung.

Bezahlbaren Wohnraum insbesondere in öffentlicher Hand unter demokratischer Kontrolle zu schaffen und bestehenden zu überführen, ist dauerhaft günstiger. Staatliche Ausgaben für Sozialleistungen wie Kosten der Unterkunft und Wohngeld könnten stark gesenkt werden. Dies dient auch der Absicherung der Daseinsfürsorge WOHNEN für alle Menschen. Dazu bedarf es einer grundlegenden Abkehr vom Prinzip der Behandlung von Wohnraum als Renditeobjekt.

Ebenso fordern wir die Übernahme der Energieversorgung in öffentliche Hand. Solange das noch nicht der Fall ist, muss es staatliche Preisgrenzen, Härtefallregelungen sowie Kündigungsschutz geben.

Wir sind froh, dass es im gesamten Bundesgebiet zahlreiche Bündnisse gibt, die den Warencharakter von Wohnraum skandalisieren und zumindest dessen übelste Auswüchse zurückdrängen wollen. Am Gelingen dieses Vorhabens wollen wir als Bündnis „AufRecht bestehen“ mitarbeiten.

Oberstes Ziel muss es sein, die in den letzten Jahren exorbitant gestiegenen Wohnkosten drastisch zu reduzieren.

Wir fordern:

Stopp von „Zwangsumzügen“!

Bei Anspruch auf Grundsicherungsleistungen Übernahme sämtlicher Wohnkosten inklusive Energiekosten! Ebenso Übernahme von Mietkautionen und Genossenschaftsanteilen!

Mietenstopp und Mietendeckel im Bestand!

Deutliche Begrenzung der Umlagemöglichkeiten bei Modernisierung!

Aufhebung der zeitlichen Begrenzung der Preisbindung im sozialen Wohnungsbau!

Überführung von Wohnungs- und Energiekonzernen in gesellschaftliches Eigentum!

Eine am Gemeinwohl orientierte Bodenpolitik

Mitte Februar 2024

Das Bündnis „AufRecht bestehen“ wird getragen von: Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO), „ARBEITSLOS – NICHT WEHRLOS“ Wolfsburg (ANW), BASTA!, Bundesarbeitsgemeinschaft Prekäre Lebenslagen (BAG-PLESA), Bundes-Erwerbslosen-Ausschuss Gewerkschaft ver.di, Duisburger Initiative „AufRecht bestehen!“, Gewerkschaftliche Arbeitslosengruppe im DGB-KV Bonn/Rhein-Sieg, Gruppe Gnadenlos Gerecht Hannover, Frankfurter Arbeitslosenzentrum e.V. (FALZ), Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS), Tacheles e.V. Wuppertal, Widerspruch e.V. Bielefeld und anderen örtlichen Bündnissen und Initiativen.